Was bringt die Kulturhauptstadt Veszprém-Balaton 2023 den Österreichern?

Interview mit dem ungarisch-österreichischen Tourismusberater Balázs Kovács: Was der Zauberwürfel, die Kulturhauptstadt und Österreich gemeinsam haben

WIR REISEN WIEDER: Balázs, Du bist für die Vermarktung der Region Veszprém-Balaton als Europäische Kulturhauptstadt 2023 (VEB 2023) in Österreich verantwortlich. Was bringt das aus österreichischer Sicht? 

 

BALÁZS KOVÁCS: Den Balaton kennen viele Österreicher und Deutsche, aber die Stadt Veszprém und die umliegende Region mit ihren vielen Naturschönheiten, den verschieden Kulturen und ihrer wunderbaren kulinarischen Vielfalt ist noch weithin unbekannt. Das soll sich spätestens 2023 ändern. 

 

Was erwartet die Gäste im Kulturhauptstadt-Jahr? 

 

Die Provinzhauptstadt Veszprém und ihre Umgebung - etwa der Nationalpark Balaton-felvidék (Balaton Oberland),  der Weinberg Badacsony  und das Städtchen Kesztely mit seinem Barockschloss Festetics sind jetzt schon echte herausgeputzte Schmuckkästchen. Es sind also keine großen Baustellen und Renovierungsaktionen wie in anderen Kulturhauptstädten zu erwarten. Das hat auch den Vorteil, dass man die Region auch 2022 mit vollem Genuss besuchen kann. Es wird daher auch ein „Warm up Jahr” mit zahlreichen Veranstaltungen geben - von Musikfestivals bis zu regelmäßigen Bauernmärkten mit lokalen Produkten, von den „Gisela Tagen” in Erinnerung an die beliebte ungarische Königin und Gemahlin des heiligen Stephan  bis zum seit Jahren beliebten internationalen VeszprémFest und Straßenmusik-Festival.

 

Und was passiert im Kulturhauptstadtjahr 2023 selbst?

 

Es wird eine Reihe von neuen Festivals geben - zum Beispiel das internationale Monster & Meerjungfrau Festival. Ein wichtiger Impuls, den Balaton noch mehr als perfekte Destination für Familien zu positionieren. Es werden in der Altstadt von Veszprém viele neue Lokale entstehen, die zugleich Treffpunkt, Kulturaustausch und hochkarätige Kulturveranstaltungen bieten werden - neben kulinarischen Leckerbissen selbstverständlich. Es wird ein fast in Vergessenheit geratenes ungarisches Genie vor den virtuellen Vorhang geholt:  der  „Leonardo da Vinci  Ungarns” -  Universalgelehrte  Faustus Verancsics, der in Veszprém wirkte und als Erfinder von Windturbinen, Wind- und Wassermühlen, Fallschirmen, Sesselliften und mehr gilt. 

 

Es wird ein digitales Netzwerk geschaffen, das Kulturschaffende, Gastronomen und Freizeitbetriebe zusammenbringt. So profitieren Touristen wie Einheimische von einer Bündelung des Erlebnisangebots. Es geht jedenfalls auch darum, aufzuzeigen, dass Innovationen auf der Tradition basieren müssen.

In Vesprém und Umgebung entstehen viele neue Kunst-Aktivitäten
In Vesprém und Umgebung entstehen viele neue Kunst-Aktivitäten

 

 

Welche Veranstaltungen erwarten die Besucher?

 

Die Region hat schon seit Jahren hochkarätige internationale Festivals - von Jazz bis Wein und Kulinarik, die im Kulturhauptstadtjahr 2023 gebündelt und noch besser präsentiert werden. Was gut und bewährt ist, muss man nicht neu erfinden. Das ist auch die zentrale Philosophie des Kulturhauptstadt-Projekts: Bewährtes auch wert zu schätzen. Neu ist - wie gesagt -  das internationale  Festival der Monster und Meerjungfrauen, ein Spaß für die ganze Familie, der sich mit der reichen Sagen- und Seeungeheuer-Welt des Balaton auseinandersetzt und auch prominente internationale Gäste dieses Genres haben wird - Nessie zum Beispiel, das Ungeheuer von Loch Ness in Schottland zum Beispiel. Außerdem soll sich Veszprém auch als City of Media Arts positionieren. So wird jedes Jahr ein Filmfestival stattfinden.

 

Darüber hinaus wird 2023 ein wichtiger Impuls, um die Region Balaton als Ganzjahres-Ziel bekannt zu machen. Der Balaton kann viel mehr als „nur” Badedestination im Sommer zu sein. Es gibt das ganze Jahr über hervorragende Ausflugsmöglichkeiten, eine Vielzahl von kleinen, feinen Top-Gastronomen und Winzern, aber auch ausgezeichnete Beherbergungsbetriebe mit Wellness sowie medizinischen Anwendungen wie in der berühmten Kurstadt Hévíz mit dem weltweit einzigartigen Warmwasser-See. In der Veszprém-Balaton Region kann man nicht nur im Wasser des Balaton oder im Heilwasser von Hévíz baden, sondern das ganze Jahr über auch in der Kultur. 

Balaton soll als Ganzjahresziel positioniert werden
Balaton soll als Ganzjahresziel positioniert werden

 

Und dann die vielen Künstler und Kreativen. Veszprém ist nicht nur Bischofssitz, sondern auch Universitätsstadt. Das gibt der ganzen Region einen spannenden Mix aus Tradition und Moderne, aus Kulturjuwelen verschiedener Epochen und coolem Studentenleben mit der Pannon Universität. In der Altstadt gibt es schon jetzt viele neue Szenelokale, die bereits jetzt regelmäßig Kulturveranstaltungen organisieren. Die Region Veszprém  zeigt schon im „warm up Jahr” 2022, in welche Richtung sich die Erlebnisregion entwickeln wird. Solche Begegnungsorte werden bis 2023 mehr und mehr werden und nachhaltige Impulse setzen.

 

Was unterscheidet VEB 2023 von anderen Europäischen Kulturhauptstädten?

 

 

Erstmals präsentiert sich eine ganze Erlebnisregion als Europäische Kulturhauptstadt. Die Organisatoren legen Wert darauf, dass dabei nicht nur touristische Einmaleffekte geschaffen werden, sondern die gesamte Region mit den Einheimischen ebenso wie mit ihren Besuchern nachhaltig davon profitiert. Als Erlebnisregion, in der alle Beteiligten wichtig genommen und wertgeschätzt werden. Es geht darum, Besucherströme mit den Bedürfnissen der Bewohner in Einklang zu bringen, um einerseits Overtourism zu vermeiden und andererseits nachhaltigen, Ressourcen schonenden Tourismus als ganzjährigen Wirtschaftsfaktor zu etablieren. Die Veszprém-Balaton-Region soll ein Musterbeispiel für „Newtourism” werden, wie er von immer mehr Zukunftsforschern, Ökologen und Soziologen eingefordert wird. Und die Region möchte auch Vorbild sein für  künftige Kulturhauptstädte.

VEB 2023: Nachhaltige Vernetzung von Einheimischen und Besuchern
VEB 2023: Nachhaltige Vernetzung von Einheimischen und Besuchern

 

Und was wird nach 2023 bleiben?

 

Das Motto der Kulturhauptstadt Veszprém-Balaton 2023 lautet „Kultur schafft Region” - und das macht das Projekt auch so einzigartig. Erstmals wird nicht nur eine Stadt in die europäische Auslage gestellt, sondern eine ganze Erlebnisregion. Dabei geht es nicht nur darum, neue touristische Highlights zu entwickeln, sondern sich auf die traditionellen Werte zu besinnen, sie neu zu beleben, zu bündeln und somit für nachhaltig Effekte zu sorgen. Das geschieht auf fünf Säulen: Innovation und Digitalisierung, noch deutlichere Positionierung des Balaton als Kinder- und familienfreundliche Region, Erhalt und Förderung der einzigartigen Naturlandschaften und der vielen regionalen landwirtschaftlichen Produkte - vom Wein bis zum Lavendel, dialog zwischen den verschiedenen Kulturen und Volksgruppen und eben einem Neudenken der Tourismus-Saisonen hin zu einer Ganzjahres-Destination. Aber wir schauen auch über den Tellerrand der Region.

 

Wie meinst du das?

 

Indem ich das Motto „Kultur schafft Region” weit über die Grenzen der Region hinaus betrachte. Veszprém-Balaton ist Teil  der großen Donauregion mit Österreich und Ungarn als wichtige Player, die gerade über Kultur und nachhaltige Tourismusprojekte mehr und mehr zusammen wachsen können und sollen. Wir haben so viele Gemeinsamkeiten, sind einander aber auch in Vielem fremd, nicht nur in der Sprache. Diese Unterschiede in der Gemeinsamkeit bieten eine riesige Chance über politische und sprachliche Grenzen hinweg an einer nachhaltigen Erlebnisregion zu bauen, von der alle profitieren: Gäste, denen die unglaubliche Vielfalt der Donauregion näher gebracht wird, die Menschen, die in den Regionen leben, die ökologischen Lebensräume und eine nachhaltige und Ressourcen schonende Tourismuswirtschaft. Mit dem Projekt Veszprém-Balaton möchten die Organisatoren beweisen, dass diese Begriffe nicht leere Worthülsen und Floskeln sind, sondern mit Inhalt erfüllt sind.

 

 

Wie soll das gehen?

 

Ich nehme mir da den  berühmten Zauberwürfel  von Ernö Rubik als Vorbild - eine ungarische Erfindung! Den millionenfach verkauften Denksport-Spaß mit den 43 Trillionen Möglichkeiten, ihn mit den verschiedenen Farb-Quadraten zusammenzusetzen.  So magisch wie der Würfel sind auch die Möglichkeiten, Geschichten aus der grenzüberschreitenden Donauregion zu erzählen und erlebbar zu machen. Warum sollten Touristen in Zukunft nicht zum Beispiel die neuen digitalen Projekte und Ausstellungen in Veszprém nicht mit einem Besuch im Linzer Ars Electronica Center kombinieren und auf dem Weg von Veszprém nach Linz die zahlreichen faszinierenden Highlights zwischen Balaton und Oberösterreich „mitnehmen”.  Grenzüberschreitende Reisepakete und länderübergreifende Tourismusanreize wie die beliebten Urlaubs-Cards bieten hier nur eine von unzähligen Möglichkeiten zur Lenkung von Besucherströmen und gemeinsamen Bemühungen, neue  Gäste anzusprechen. Wir sollen uns nicht als Konkurrenten, sondern als Verbündete betrachten und als eine große Region sämtliche touristischen Kräfte ins Boot holen. Es ist meine Vision für eine  Welt eines neuen Tourismus (Future Tourism, Post-Corona-Welt im Sinne der Visitor Economy).

 

  

 Das klingt nach Mammut-Aufgabe.

 

Ich sehe mich in diesem Prozess als Brückenbauer zwischen Ungarn und Österreich, und es gibt immer mehr Mitstreiter für diesen Prozess. Österreich und Ungarn könnten Drehschreibe sein für die Länder rund herum, wie z.B. die Central 5 (C5) und Visegrád 4 (V4) Ländergruppe für Zukunftsprojekte im vereinten Erlebnisraum an der Donau. Motor können die neuen Trends sein: Aufwertung von Sicherheit, Gesundheit, ein kleinerer Radius für Reisen in Nahgebiete sowie digitale Netzwerke. 

Das Schöne ist, es gibt immer mehr Mitstreiter für dieses ganzheitliche Denken im Tourismus: Linz Tourismus zum Beispiel. Unter der Leitung von Prof. Georg Steiner wird in der Donau-Stadt eine neue Tourismuswelt etabliert, die über den Tellerand der oberösterreichischen Landeshauptstadt hinaus reicht, wo der Mensch  jenseits aller Grenzen im Mittelpunkt steht.

Für das Projekt VEB 2023 arbeite ich mit dem renommierten internationalen Kulturmanager Márton Méhes eng zusammen. Er konzentriert sich auf die kulturellen Schwerpunkte und Akzente, während mein Fokus auf der touristischen Entwicklung liegt.

Wir arbeiten zum Beispiel mit Klara Wirth vom Ungarischen Tourismusamt hervorragend zusammen, auch mit dem Team von Michi Strasser (Österreich Werbung Budapest) bin ich in regem Austausch. Ich versuche immer wieder Verknüpfungen  zwischen den Tourismusdirektoren der beiden Städte Wien und Budapest zu initiieren.

Twin City Liner: Brückenbauer zwischen Wien, Bratislava und künftig auch Budapest
Twin City Liner: Brückenbauer zwischen Wien, Bratislava und künftig auch Budapest

Ein wichtiger Baustein für die grenzüberschreitende Tourismusentwicklung ist meine Zusammenarbeit mit der Wien Holding Tochterfirma Central Danube GmbH, dem Betreiber der „Twin City Liner”-Schnellschiffe. Ein Symbolprojekt ist die Errichtung einer Schnell-Schiff-Brücke zwischen Wien und Budapest, wie sie seit Jahren zwischen Wien und Bratislava höchst erfolgreich funktioniert.  Eine Probefahrt  nach Budapest hat bereits erfolgreich stattgefunden. Wir hoffen auf ein Durchstarten nach der Corona-Pandemie. 

Aufgebaut wird auch ein Netzwerk zwischen den Städten Wien, Bratislava, Győr, Komárom, Esztergom, Visegrád und Budapest aufgebaut. Frau Badr und GF Gerd Krämer  (Central Danube) sind entschlossene Mitstreiter bei diesen Projekten. Es bewegt sich schon sehr viel, und ich bin zuversichtlich, dass die Kulturhauptstadt Veszprém-Balaton 2023 ein weiteres großes Rad in der Geschichte des Zusammenrückens von Österreich und Ungarn und von weiteren Ländern im Donauraum wird.

 

Vielen Dank für das Gespräch!

Andreas Reiter, Zukunftsforscher

Balázs Kovács war viele Jahre ungarischer Tourismusdirektor in Wien und arbeitet nun mit seinem Unternehmen GD Consulting als Tourismus-Experte und selbständiger Berater grenzüberschreitend in Wien und Budapest. Für das Projekt Veszprém-Balaton - Europäische Kulturhauptstadt 2023 fungiert er als Regionalbeauftragter für Kultur- und Tourismusmarketing in Österreich.  

➜ www.good-deal.at


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